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Der Pranger

"... Wir wollen ... daß in der genannten unser Stadt
Retz an gemeinen Markttagen 
(während) das fendl
steckt Kein gast oder ausländer nichts furkauffen soll".

So steht es im Privileg von 1486, das der ungarische König Mathias Corvinus der Stadt (damals schon, seit 1481, landesfürstliche Stadt, also nicht mehr untertänig) gegeben hat. Das heißt, daß die Bürger von Retz an Markttagen das Vorkaufsrecht hatten. Als Zeichen dafür wurde das "fendl" (Fähnchen) gesteckt. Üblich war es, das Fähnchen öffentlich an den Pranger zu stecken. Aus diesem oben zitierten Satz ist zu schließen, daß es vor 500 Jahren hier in Retz, am Marktplatz, einen Pranger gab. Es war erst seit etwa 1400 üblich, einen Pranger (eine Schandsäule) aufzustellen.

Meistens war es ein Holzpfahl, der u.U. auch nur zum einmaligen Gebrauch verwendet wurde, an dem die Straftäter mit Halseisen angekettet und der Öffentlichkeit zum Spott preisgegeben waren. 1561 wurde ein neuer Pranger von der Stadt angeschafft, ein "schönerer". Er wurde aus Zogelsdorfer Sandstein gefertigt, ein Eggenburger Steinmetz leistete die Steinmetzarbeit. Am oberen Säulenkranz des unteren Schaftes

g22-pranger1.jpg steht eingemeisselt: "DEN 6. MAY ANNO 1561." 100 fl. war der Beschaffungspreis, eine unerhört hohe Summe. Auch für diesen Pranger wurden 4 Fähnchen angeschafft, "um die Freyung aufzustecken ".

Damals war der Pranger nicht mehr nur das Hoheitszeichen der Gerichtsbarkeit, er wurde auch als Zeichen des Marktrechtes verstanden. Maria Theresia hatte auf Drängen ihres Sohnes Kaiser Josef II. mit Dekret vom 3. Jänner 1776 die Tortur (Folterung der Täter) abgeschafft. Damit war auch der Pranger überflüssig geworden. Die Retzer Bürgschaft erzielte für die (einzeln)

"verkaufte Steine" einen Ertrag von 4 Gulden (fl)
"und für das verkaufte Eysen 25f1".

Im Frühherbst 1959 wurde unser Archivar Prof. Anton Resch, auf einen seltsam geformten mit Figuren gezierten Preßstein aufmerksam, der im Hof der Landwirtin Julie Rockenbauer lag.