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Kalvarienberg

Feldheiligtümer, Marterln, Kreuze oder Bildstöcke wurden nicht nur aus gegebenem Anlaß gestiftet und errichtet. In alten Zeiten waren sie auch Wegweiser in der freien Natur. Aber sie waren auch zu Lebzeiten der Stifter eine sichtbare Bitte an Gott, sich im Falle des Todes im besonderen Maße der Seele anzunehmen. So stiftete der Retzer Rauchfangkehrer Majonelli einen Kalvarienberg. Er beauftragte in einem Vertrag vom 15. 9. 1726 den Eggenburger Bildhauer Jakob Seer mit der Herstellung einer Kreuzigungsdarstellung. Über den Vertrag hinaus wurden zur Kreuzigungsgruppe Maria und Johannes geschaffen.

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Seit Ende des 15. Jhs. ist im Dominikanerkloster eine besondere Frömmigkeit nachgewiesen. Die sonst ungewöhnlichen fünf Kreuzwegstationen sind Darstellungen der Geheimnisse des Schmerzhaften Rosenkranzes.

Die Ikonographie dieser fünf Stationen:

Urlaubsmarter (Abschied Marias von ihrem Sohn) 
Der Engel am Ölberg
Die Geißelung
Die Dornenkrönung
Veronika mit dem Schweißtuch

könnte aus dieser Tradition abzuleiten sein. Denn seit 1661 war vom Kloster auch eine Rosenkranzbruderschaft errichtet gewesen. Die Figurengruppen stammen wohl aus der Werkstätte des Jakob Seer. Am Fuße des Marterpfahles der Station Geißelung ist die Jahreszahl 1737 eingetieft.

In dieser Zeit muß wohl auch die Grablegung in der Pfarrkirche hergestellt worden sein. Sie ist ein Meisterwerk in Ausdruckskraft und Vollendung. Die Figuren wurden auch aus Zogelsdorfer Sandstein (Nähe Eggenburg), ebenso wie die Gruppen des Kalvarienberges, gemeißelt, wurden aber hier mit Gipsmarmor überzogen und die Falten mit Ziegelstaub besonders plastisch zur Geltung gebracht. Gestik und Gesichtsausdruck der Maria und der Magdalena zeigen ergreifenden Schmerz, während Johannes in seiner Pose anscheinend die Überzeugung ausdrückt, trotz aller Trauer, fast siegessicher die Kirche zum Erfolg führen zu wollen.

Die beiden Männer, die den Leichnam Christi in den Sarg legen, Josef von Arimathäa und Nikodemus, halten das Grabtuch. Auch hier vollendete Kunst!

Weder der Meister, noch der Auftraggeber dieser beeindruckenden Gruppe sind bekannt. Auch die Gestaltung der Kapelle im rechten Querschiff, die durch das spätbarocke Eisengitter mit dem Holzkreuz abgeschlossen ist, gehören zu der Epoche um 1730.

  
Literatur:

Rudolf Resch: Heimatbuch, Bd. I, 1936
Dehio: Niederösterreich nördlich der Donau, 1990
Isnard W: Frank, OP: Zur Geschichte des Retzer Dominikanerklosters, in: 700 Jahre Stadt Retz, 1979
Hans Heinz Dum: Bei den Retzer Windmühlen (Aufsatz und persönliches Gespräch)