Die alten Weinstöcke am Bürgerspital

Das Bürgerspital war nach dem Hussitensturm im 15. Jh. in die Stadt verlegt worden. 1467 wurde die Bürgerspitalskapelle eingeweiht. 1798 wurde das Sakralgebäude im Zuge der Kirchenreformen Kaiser Josef II. geschlossen. Danach diente das Gebäude als Theatersaal, Sparkasse, Gemeinderatssaal und Schule. Zeitweise befanden sich in den Nebengebäuden Wohnungen, unter anderen die des Stadtschreibers, ein Militärspital, Arreste, Archive, ein Rechtsanwaltsbüro und die Gemeindekanzlei. 1948 wurde in der Kapelle durch Dr. Rupert Feuchtmüller das Heimatmuseum eingerichtet.

Ferdinand Goldgruber, der Jahrzehnte lang als Gemeindebediensteter der Stadt gedient hat, hatte im Bürgerspital eine Dienstwohnung. Zur Geburt seines ersten Sohnes Ferdinand pflanzte er 1856 an der Südseite der ehemaligen Kapelle 6 Weinstöcke. Vier davon treiben jedes Jahr immer bis zur Dachtraufe und tragen heute noch Trauben. Von den 1856 gepflanzten Weinstöcken wurden im Vorjahr Setzlinge gezogen, mit denen die Hecke wieder vervollständigt wird. Da 1864 durch den Import von Weinsetzlingen aus Amerika die Reblaus nach Europa eingeschleppt wurde, waren unsere europäischen Weinstöcke fast ausgerottet. Umso erstaunlicher ist es, daß diese Weinstöcke nebeneinander überlebten. Grundlagen für unsere heutigen Reben sind gegen die Reblaus resistente amerikanische Setzlinge, die mit unseren Reben veredelt werden.

Die Stiftung Bürgerspital Retz besteht - nach einer mehrjährigen Aufhebung durch das NS Regime - noch heute und unterstützt aus den Erlösen des über 50 Hektar Weingarten, Wald und Acker umfassenden Stiftungsvermögens nach wie vor bedürftige Gemeindemitglieder.

Museum Retz im Bürgerspital

Eine neue Ära in der bewegten Geschichte des Bürgerspitalskomplexes begann 2003. In diesem Jahr erwarb die Stadtgemeinde Retz das gesamte Areal aus dem Stiftungsvermögen. 2004 wurde der erste der beiden Abschnitte des Revitalisierungskonzeptes umgesetzt und mit einem Gesamtaufwand von € 700.000,-- die Kapelle sowie der Haustrakt umfassend restauriert. Im Oktober 2004 wurde das Museum Retz im Bürgerspital - Stadtsammlung und Südmährische Galerie - Stiftung Dr. Hellmut Bornemann feierlich eröffnet.