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Althof Retz

Die Stadt Retz wurde vor 700 Jahren gegründet. Stadtgründer war der Thüringer Graf Berthold von Rabenswalde, der auf Hardegg mit der Gräfin Wilbirgis verheiratet war. Stadt war nur, was innerhalb der Stadtmauern lag.

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Bevor die Stadt gegründet wurde, gab es nördlich der Stadt bereits Siedlungen, die auch eine Pfarre hatten. Diese Siedlungen wurden bereits seit wenigstens 500 Jahren als "Altstadt Retz" bezeichnet. Sie waren nicht Stadt, aber als alte Siedlungsstätte so genannt.

Diese Siedlung war Kreuzung zweier mittelalterlicher Wege. Der eine, der Rittsteig, kam aus Krems und teilte sich in Znaim nach Iglau bzw. nach Brünn. Der zweite Handelsweg war der Thayatalweg, der sich, vom Osten kommend, über Raabs nach Budweis zog.

Die Grafen von Hardegg, Otto und Konrad von Plain, haben sich noch vor der Stadtgründung, an diesem Kreuzungspunkt ein Mautrecht angeeignet. Daher stand hier ein Freihof, d.h. ein von Steuern befreiter Hof. Zum Schutz dieses Freihofes bauten die Grafen von Hardegg, auf etwas erhöhter Stelle, eine Burg.

Die Burg wurde, wie auch die ganze Stadt, 1425 durch die Hussiten (Taboriten) zerstört. Im aufgehenden Mauerwerk der Burgruine blieb im Westen ein Tor, aus Bruchstein gemauert, erkennbar. Dieses noch sichtbare Tor ist zweifellos nicht mehr im Originalzustand. Es dürfte dem Hussitensturm zum Opfer gefallen sein und später dem alten Tor nachgebaut worden sein. Der darunter liegende Bogen stammt aus dem 16. Jhdt.

Vor diesem Tor ist im Zwinger ein Raum erhalten, der der Lage nach eine Wolfsgrube gewesen sein könnte. Nachdem dieses Westtor (in der Literatur als "Hofinger Tor" bezeichnet) seine Funktion verloren hatte, wurde auch diese Wolfsgrube eingewölbt.

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Vermutlich war dieses Hofinger Tor das Tor in die Burg. Eine Zugbrücke vor der Wolfsgrube über einen Teil des Burggrabens erreichte wahrscheinlich einen Pfeiler im Graben, dessen Fundamente vielleicht sogar noch ergraben werden könnten. Die Nordwestecke dieses unterirdischen Raumes ist ein mächtiger Pfeiler sichtbar. Dieser Pfeiler könnte die nördliche Fundamentierung des Zugbrückentores gewesen sein.

Das Rondell, das der NW-Ecke der Burgmauer vorgebaut ist, dürfte im ausgehenden 15. Jhdt. errichtet worden sein, aber erst in den ersten Jahren des 16. Jhdts. fertig gewesen sein.

Im 16. Jh. wurde der alte Burgbereich zum Wirtschaftshof (Meiereihof) umgebaut, dabei wurde ein großer Turm erwähnt, dessen Reste das heute noch bestehende Rondell sein dürfte.

Spaziert man den Zwinger entlang, so findet sich auf der Nordseite der ehemaligen inneren Stadtmauer (in der Höhe der Rezeption) noch ein verhältnismäßig kleiner Fleck eines Verputzes. Der stammt noch aus der Gründungszeit der Burg. Das wäre ein Hinweis auf den Reichtum der Grafen von Hardegg, die ihre Burg in Retz nicht einfach unverputzt an den Kreuzungspunkt der Handelswege stellten.

In der Brüstung der nördlichen Zwingermauer sind noch eine Anzahl von Schlüsselschießscharten erhalten.

Eine Schießscharte ist besonders auffällig. Sie ist nur als paralleler Schlitz ausgebildet, von dem nach beiden Seiten je ein Guckloch abgezweigt. Aber ein ebensolches Guckloch ist in den Graben (nach unten) gerichtet. Wie es scheint, war dies der Standort eines Abschnittkommandanten, der von hier aus sowohl nach den Seiten beobachten konnte, aber nach unten auch den Graben im Blickfeld behielt.

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Durch die Stadtgründung wurde diese Burg die nordwestliche Ecke der Stadtbefestigung. Für die Fortifikation der SW-Ecke der Stadt stifteten die Grafen von Hardegg das Dominikanerkloster mit der Kirche und dort, wo jetzt das Schloß steht (SO-Ecke der Stadt) war ein "festes Haus" als Wirtschaftshof der Burg gestanden. Aus diesem Wirtschaftshof erbaute man, der Zeit entsprechend, um 1500 ein neues Schloß und der Althof, der ehemalige Burgbereich, blieb nur noch Wirtschaftshof.

Gucklochscharte für einen Abschnittskommandanten (vom Stadtgraben aus aufgenommen)

Die Stadtgemeinde Retz hat in den 1980er Jahren den Althof käuflich erworben, damit war die Möglichkeit gegeben, aus den historischen Gebäuden des Althofes das multifunktionale Projekt Hotel "Althof Retz" mit der dazugehörenden Öko-Tourismusfachschule zu errichten.

Literatur

Rudolf Resch: Retzer Heimatbuch I. Bd., 1936 und Bd. II, 1951
Hubert Nutz: Ausgrabungen der Reste der mittelalterlichen Stadtburg in Retz, NÖ 1991